{"id":2615,"date":"2019-06-27T08:35:09","date_gmt":"2019-06-27T06:35:09","guid":{"rendered":"https:\/\/www.selzer-reiff.de\/?p=2615"},"modified":"2019-10-15T09:38:08","modified_gmt":"2019-10-15T07:38:08","slug":"erben-und-vererben-in-der-patchwork-familie","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.selzer-reiff.de\/fachbeitraege-publikationen\/erben-und-vererben-in-der-patchwork-familie\/","title":{"rendered":"Erben und Vererben in der Patchwork-Familie"},"content":{"rendered":"
Viele Ehen bleiben heutzutage nicht mehr ein Leben lang bestehen. Neue Partnerschaften werden geschlossen, eine weitere Familie gegr\u00fcndet. Dies f\u00fchrt nicht nur zu Lebzeiten zu verschiedenen rechtlichen Fragestellungen, sondern auch \u00fcber den Tod hinaus. Denn das deutsche Erbrecht orientiert sich im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge weiterhin an der traditionellen Familie, bei welcher ein verheiratetes Paar dauerhaft zusammen bleibt.<\/p>\n
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Kommt es zu einer Scheidung und finden beide Eheleute neue Partner, die sie ehelichen, hat dies erhebliche erbrechtliche Auswirkungen. So verliert bei einer Scheidung ein gemeinsames Testament oder ein Erbvertrag mit dem vorherigen Ehepartner in der Regel seine Wirkung. Nach der gesetzlichen Erbfolge erbt nun der neue Ehepartner, sofern kein anderer G\u00fcterstand als die Zugewinngemeinschaft<\/a> vereinbart wurde, neben den Kindern des Erblassers die H\u00e4lfte des Verm\u00f6gens.<\/p>\n Es stellt sich dann f\u00fcr die Patchworkfamilie die Frage, ob dies gewollt ist.<\/p>\n Im Einzelfall kann das nat\u00fcrlich zu ungewollten Ungerechtigkeiten f\u00fchren. Ein Beispiel: In einer typischen Patchwork-Familie haben beide Partner Kinder aus vorherigen Beziehungen. Ein Ehepartner hat nur wenig Verm\u00f6gen in die neue Ehe eingebracht, der andere besitzt eine Immobilie. Wenn dieser nun zuerst stirbt, ohne dass der Nachlass explizit \u00fcber ein Testament<\/a> oder einen Erbvertrag<\/a> geregelt wurden, erbt der neue Ehepartner gemeinsam mit den leiblichen Kindern in Erbengemeinschaft den Nachlass und damit auch die Immobilie. Stirbt dann auch der neue Ehepartner, erben nur seine leiblichen Kinder. Sofern noch etwas aus dem Nachlass des Erstverstorbenen vorhanden ist, geht das somit nicht an die leiblichen Kinder des Erstverstorbenen, sondern an die Stiefkinder.<\/p>\n Die gesetzliche Erbfolge ist in vielen F\u00e4llen f\u00fcr Patchwork-Familien daher nicht geeignet. Man kann jedoch die Erbfolge nach dem Gesetz durch die Abfassung eines Testaments oder eines Erbvertrages regeln.<\/p>\n Grunds\u00e4tzlich m\u00fcssen sich dann die neuen Partner die Frage stellen, ob sie nur jeweils ihre eigenen Kinder als Erben einsetzen und auch den Ehepartner nicht bedenken wollen oder ob sie ein gemeinsames Testament und Erbvertrag machen, in dem beim Tod des Erstversterbenden erst der Ehepartner Alleinerbe ist und dann alle Kinder von beiden Partnern gleichwertig nach dem Tod des Letztversterbenden erben.<\/p>\n Es gibt auch die M\u00f6glichkeit, den Ehepartner als Vorerben und die eigenen Kinder als Nacherben einzusetzen. Das bedeutet aber, dass der Vorerbe den Nachlass im Grunde nur verwalten und Nutzungen f\u00fcr sich selbst ziehen darf (z.B. Mieteinnahmen, Zinsen). Er darf aber den Nachlass an sich nicht f\u00fcr sich verbrauchen. Er kann daher nicht eine Immobilie verkaufen und das Geld f\u00fcr sich verwenden. Dies ist nat\u00fcrlich eine starke Einschr\u00e4nkung des Ehepartners und f\u00fchrt manchmal sogar dazu, dass dieser im Alter in finanzielle Schwierigkeiten ger\u00e4t, falls er sich aus seinem eigenen Verm\u00f6gen nicht versorgen kann. Da h\u00e4ufig der Wunsch der Erblasser aber gerade auch ist, den Ehepartner abzusichern, ist die Vor- und Nacherbschaft in den meisten F\u00e4llen nicht zu empfehlen. Es gibt jedoch Alternativen dazu.<\/p>\n Eine davon ist, die eigenen Kinder als Erben einzusetzen und den Ehepartner \u00fcber Nutzungsrechte (z.B. Nie\u00dfbrauchrecht an einer Immobilie) oder \u00fcber andere Arten von Verm\u00e4chtnissen abzusichern und zu bedenken.<\/p>\n Stets muss der konkrete Einzelfall, das voraussichtlich vorliegende Verm\u00f6gen und der Wille der Erblasser betrachtet werden. Der Notar gibt Hilfestellung, ber\u00e4t, stellt den Willen des Erblassers fest und entwirft dann ein Testament oder einen Erbvertrag, der eindeutig ist und sp\u00e4ter nicht zu Auslegungsschwierigkeiten f\u00fchrt.<\/p>\n Schwierigkeiten k\u00f6nnen sich auch ergeben, wenn im Rahmen einer neuen Partnerschaft keine Ehe eingegangen wird und vielleicht sogar die erste Ehe noch gar nicht geschieden ist. Bis zum Scheidungsantrag eines Ehegatten und der Zustimmung des anderen zu diesem ist der Noch-Ehepartner n\u00e4mlich immer noch gesetzlicher Erbe. Um dies zu verhindern, kann jedoch ein Testament gemacht werden, in dem der Ehepartner nicht bedacht wird.<\/p>\n Noch ein weiteres Beispiel:<\/p>\n Das unverheiratete Paar erwirbt gemeinsam ein Haus oder eine Wohnung, in der sie auch gemeinsam leben. Einer der beiden Partner verstirbt. Da es keine rechtlich verbindliche Beziehung zwischen beiden gab, steht dem l\u00e4nger lebenden Partner im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge kein Erbe zu. Die dem verstorbenen Partner geh\u00f6rende H\u00e4lfte der Immobilie wird demzufolge unmittelbar nach dessen Tod von seinen Kindern geerbt.<\/p>\n Hat der l\u00e4nger lebende Partner nun kein Geld, um die Erben auszuzahlen und ihnen ihre H\u00e4lfte abzukaufen oder die Erben sind nicht zum Verkauf bereit, kann er gezwungen sein, aus dem eigenen Heim auszuziehen. Auch dieses Problem l\u00e4sst sich durch eine rechtzeitige Vorsorge zu Lebzeiten und durch letztwillige Verf\u00fcgungen regeln. So k\u00f6nnen durch ein Testament oder einen Erbvertrag entweder der Lebensgef\u00e4hrte direkt bedacht werden oder die Erben zumindest verpflichtet werden, dem Lebensgef\u00e4hrten ein lebenslanges Nie\u00dfbrauch- oder Wohnungsrecht zu gew\u00e4hren. Auch zu Lebzeiten k\u00f6nnen die Lebensgef\u00e4hrten sich gegenseitig diese Rechte einr\u00e4umen und im Grundbuch eintragen lassen.<\/p>\n Gerade bei Paaren ohne Trauschein ist es fast unumg\u00e4nglich ein Testament oder einen Erbvertrag abzufassen. Dies gilt \u00fcbrigens auch dann, wenn keine Kinder aus fr\u00fcheren Beziehungen vorhanden sind. Denn unverheiratete Partner sind nach der gesetzlichen Erbfolge keine gesetzlichen Erben.<\/p>\n Ohne Heirat ist ein gemeinschaftliches Testament<\/a> jedoch nicht m\u00f6glich. Es muss dann zwingend ein Erbvertrag gemacht werden, der stets notariell zu beurkunden ist.<\/p>\n Neben der Erbfolge an sich sind steuerliche Aspekte zu beachten. W\u00e4hrend Ehegatten mit 500.000 Euro und Kinder mit 400.000 Euro in den Genuss vergleichsweise hoher Freibetr\u00e4ge bei der Erbschaftssteuer kommen, liegt dieser bei unverheirateten Paaren bei lediglich 20.000 Euro. Hinzu kommt, dass der den Freibetrag \u00fcbersteigende Teil des Verm\u00f6gens mit Erbschaftssteuerklasse III zu einem wesentlich h\u00f6heren Satz versteuert werden muss.<\/p>\n Die gemeinsam erworbene Immobilie kann im Erbfall bei unverheirateten Paaren dann zur \u00a0finanziellen Notlage werden. Wenn beispielsweise die Rente des \u00fcberlebenden Partners nicht zum Abtrag der Erbschaftssteuer auf die andere Haush\u00e4lfte gen\u00fcgt, kann er gezwungen sein, die Immobilie zu verkaufen. Auch eine Schenkung zu Lebzeiten ist keine L\u00f6sung, da lediglich Freibetr\u00e4ge in gleicher H\u00f6he gelten.<\/p>\n Bei der Nachlassregelung in Patchwork-Familien \u2013 und gerade bei unverheirateten Paaren \u2013 gilt es immer die steuerliche Seite mit im Auge zu behalten. Unter Umst\u00e4nden kann auch eine sp\u00e4te Eheschlie\u00dfung sinnvoll sein.<\/p>\n Bei der Nachlassreglung von Patchwork-Familien gibt es viele Aspekte zu beachten. Die gesetzliche Erbfolge ist hier selten eine gute L\u00f6sung und wird dem Willen des Erblassers meist nicht gerecht.<\/p>\n Das deutsche Erbrecht bietet jedoch gute M\u00f6glichkeiten, \u00fcber die Errichtung eines Testamentes oder Erbvertrages den Nachlass flexibel und individuell zu gestalten. Notare k\u00f6nnen Sie hierbei unterst\u00fctzen und f\u00fcr die notwendige Rechtssicherheit sorgen.<\/p>\n <\/p>\n Weitere Informationen zum Thema:<\/p>\n Checkliste Testament<\/a><\/p>\n Gesetzliches Erbrecht und Ehegattenerbrecht<\/a><\/p>\n Adoption von Kindern und Erwachsenen: Auswirkungen im Erbrecht<\/a><\/p>\n Gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag <\/a>\u00a0<\/p>\nEin Testament oder einen Erbvertrag aufsetzen<\/h2>\n
Probleme bei unverheirateten Paaren
\n<\/strong><\/h2>\nTestament f\u00fcr unverheiratete Paare<\/h2>\n
Erbschaftssteuern bedenken<\/h2>\n
Fazit<\/h2>\n