{"id":240,"date":"2010-08-30T15:19:13","date_gmt":"2010-08-30T13:19:13","guid":{"rendered":"http:\/\/www.selzer-reiff.kunde-formativ.net\/?p=240"},"modified":"2019-09-18T18:03:23","modified_gmt":"2019-09-18T16:03:23","slug":"kuendigungsrecht-vorgetaeuschte-arbeitsunfaehigkeit-kann-zu-ausserordentlicher-kuendigung-fuehren","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.selzer-reiff.de\/archiv\/kuendigungsrecht-vorgetaeuschte-arbeitsunfaehigkeit-kann-zu-ausserordentlicher-kuendigung-fuehren\/","title":{"rendered":"K\u00fcndigungsrecht: Vorget\u00e4uschte Arbeitsunf\u00e4higkeit kann zu au\u00dferordentlicher K\u00fcndigung f\u00fchren"},"content":{"rendered":"
Der Beweiswert einer Arbeitsunf\u00e4higkeitsbescheinigung ist ersch\u00fcttert, wenn feststeht, dass ein Arbeitnehmer erkl\u00e4rt hat, er k\u00f6nne eine angebotene Schwarzarbeit ausf\u00fchren. Eine derart vorget\u00e4uschte Arbeitsunf\u00e4higkeit berechtige den Arbeitgeber zum Ausspruch einer au\u00dferordentlichen K\u00fcndigung.<\/p>\n
Das musste sich ein Arbeitnehmer vor dem Hessischen Landesarbeitsgericht (LAG) sagen lassen. Nachdem der Krankenstand des \u00fcber 50 Jahre alten Mitarbeiters eines Metallunternehmens deutlich angestiegen war, entschloss sich sein Arbeitgeber, einen Detektiv zur \u00dcberpr\u00fcfung der Arbeitsunf\u00e4higkeiten einzuschalten. Dieser rief unter einem Vorwand bei dem krankgeschriebenen Mitarbeiter an und \u00e4u\u00dferte, jemanden f\u00fcr Innenausbaut\u00e4tigkeiten zu ben\u00f6tigen und zwar zum W\u00e4nde einrei\u00dfen, Mauern und f\u00fcr Malerarbeiten.<\/p>\n
Der Mitarbeiter habe – so die Behauptung des Arbeitgebers – dem Detektiv mitgeteilt, dass er mauern k\u00f6nne und auch mit Malerarbeiten kein Problem habe und gefragt, was man ihm denn zahlen w\u00fcrde und erkl\u00e4rt, er k\u00f6nne sofort anfangen. Auf die Frage des Detektivs, warum er sofort anfangen k\u00f6nne, ob er denn arbeitslos sei, habe er erkl\u00e4rt, dass er zurzeit krank sei und sofort f\u00fcr diese Arbeiten zur Verf\u00fcgung stehe. Ohne darum gebeten worden zu sein, habe er dem Detektiv seine private Handynummer gegeben und ihm erkl\u00e4rt, wenn er niemanden bek\u00e4me, dann solle er unbedingt bei ihm zur\u00fcckrufen. Der Mitarbeiter wandte hingegen ein, er habe den Detektiv in dem Gespr\u00e4ch lediglich darauf hingewiesen, dass er ihm nicht helfen k\u00f6nne, da er seit \u00fcber 20 Jahren im Metallbau t\u00e4tig w\u00e4re und daher die geforderten Arbeiten f\u00fcr ihn fremd w\u00e4ren. Er habe dem Detektiv jedoch erkl\u00e4rt, er k\u00f6nne seinen Bruder bzw. andere Kollegen fragen, ob diese solche Arbeiten ausf\u00fchren w\u00fcrden, und ihm aus diesem Grund auch seine Handynummer gegeben. Der Arbeitgeber k\u00fcndigte im Hinblick auf die von ihm behaupteten Einlassungen des krankgeschriebenen Mitarbeiters das Arbeitsverh\u00e4ltnis fristlos mit dem Vorwurf der vorget\u00e4uschten Arbeitsunf\u00e4higkeit.<\/p>\n
Die K\u00fcndigungsschutzklage des Arbeitnehmers blieb vor dem LAG ohne Erfolg. Nachdem sie den Detektiv als Zeugen geh\u00f6rt hatten, stand f\u00fcr die Richter fest, dass der gek\u00fcndigte Mitarbeiter dem Detektiv seine Arbeitsleistung f\u00fcr schwere k\u00f6rperliche Arbeiten im Innenausbau angeboten habe. Damit habe er seine Arbeitsunf\u00e4higkeit nur vorget\u00e4uscht. Dieser Umstand k\u00f6nne auch eine au\u00dferordentliche K\u00fcndigung rechtfertigen, wenn sich der Arbeitnehmer damit keine Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber erschlichen habe (weil wie vorliegend der 6-w\u00f6chige Entgeltfortzahlungszeitraum des \u00a7 3 EFZG bereits abgelaufen war). Auch ersch\u00fcttere schon die angek\u00fcndigte Arbeitsbereitschaft w\u00e4hrend einer Arbeitsunf\u00e4higkeit und nicht erst das tats\u00e4chliche Durchf\u00fchren von Arbeiten den Beweiswert eines Arbeitsunf\u00e4higkeitsattests. Schlie\u00dflich verletze der Arbeitnehmer mit seiner T\u00e4uschungshandlung auch die f\u00fcr das Arbeitsverh\u00e4ltnis erforderliche Vertrauensbasis zwischen den Parteien.<\/p>\n
Auch die Interessenabw\u00e4gung rechtfertige nach Auffassung des LAG keine andere Bewertung. Dies gelte ungeachtet der langen Dauer des Arbeitsverh\u00e4ltnisses und der bestehenden Unterhaltspflichten des Mitarbeiters. Die betrieblichen Interessen an der sofortigen Aufl\u00f6sung des Arbeitsverh\u00e4ltnisses w\u00fcrden nach Ansicht der Richter \u00fcberwiegen. Der Arbeitgeber habe n\u00e4mlich insoweit auch zu ber\u00fccksichtigen, wie sich das Verhalten auf das der \u00fcbrigen Arbeitnehmer auswirke, wenn er von einer K\u00fcndigung absehe. Insoweit handele es sich noch um Folgen des Fehlverhaltens, f\u00fcr das der Arbeitnehmer einzustehen habe (Hessisches LAG, 6 Sa 1593\/08).<\/p>\n
Quelle: IWW Institut f\u00fcr Wirtschaftspublizistik Verlag Steuern – Recht – Wirtschaft GmbH & Co. KG<\/em><\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Der Beweiswert einer Arbeitsunf\u00e4higkeitsbescheinigung ist ersch\u00fcttert, wenn feststeht, dass ein Arbeitnehmer erkl\u00e4rt hat, er k\u00f6nne eine angebotene Schwarzarbeit ausf\u00fchren. Eine derart vorget\u00e4uschte Arbeitsunf\u00e4higkeit berechtige den Arbeitgeber zum Ausspruch einer au\u00dferordentlichen K\u00fcndigung.<\/p>\n","protected":false},"author":3,"featured_media":0,"comment_status":"closed","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"_acf_changed":false,"footnotes":""},"categories":[21],"tags":[12],"class_list":["post-240","post","type-post","status-publish","format-standard","hentry","category-archiv","tag-gesellschaftsrecht"],"acf":[],"yoast_head":"\n