{"id":1272,"date":"2015-11-02T15:52:11","date_gmt":"2015-11-02T14:52:11","guid":{"rendered":"http:\/\/www.selzer-reiff.kunde-formativ.net\/?p=1272"},"modified":"2015-11-02T15:52:11","modified_gmt":"2015-11-02T14:52:11","slug":"der-fremd-geschaeftsfuehrer-und-seine-arbeitsrechtliche-stellung-2","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.selzer-reiff.de\/fachbeitraege-publikationen\/der-fremd-geschaeftsfuehrer-und-seine-arbeitsrechtliche-stellung-2\/","title":{"rendered":"Der Fremd-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer und seine arbeitsrechtliche Stellung"},"content":{"rendered":"
Von Rechtsanw\u00e4ltin Sonja Reiff<\/p>\n
Der GmbH-Fremdgesch\u00e4ftsf\u00fchrer ist selbst nicht Gesellschafter der GmbH. Auf der einen Seite ist er das Organ der GmbH und kann diese rechtlich vertreten. Auf der anderen Seite kann er jedoch jederzeit von der Gesellschafterversammlung der GmbH ohne besonderen Grund als Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer abberufen werden. Von der Bestellung und Abberufung des Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers ist wiederum der Anstellungsvertrag des Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers mit der Gesellschaft zu unterscheiden. So endet auch der Anstellungsvertrag nicht automatisch mit der Abberufung, sondern erst nach K\u00fcndigung mit der vereinbarten K\u00fcndigungsfrist.<\/p>\n
Immer wieder stellt sich die Frage, inwieweit arbeitsvertragliche Regelungen auf das Anstellungsverh\u00e4ltnis des Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers anzuwenden sind. Daf\u00fcr kommt es darauf an, ob der Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer als Arbeitnehmer anzusehen ist.<\/p>\n
Die Rechtsprechung ist sich bei der Beurteilung des Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers als Arbeitnehmer uneins. Der Bundesgerichtshof lehnt eine Arbeitnehmerstellung des Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers stets ab, da dieser als Vertretungsorgan der GmbH auf Seiten des Arbeitsgebers st\u00fcnde und somit nicht gleichzeitig Arbeitnehmer sein kann.<\/p>\n
Das Bundesarbeitsgericht schlie\u00dft eine Arbeitnehmereigenschaft des Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers und damit eine Anwendbarkeit von Arbeitnehmerschutzvorschriften (z.B. K\u00fcndigungsschutz) gerade nicht grunds\u00e4tzlich aus, vielmehr ist dies nach dem Grad der pers\u00f6nlichen Abh\u00e4ngigkeit des Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers zu beurteilen. Handelt der Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer somit streng weisungsgebunden, dann kann er auch Arbeitnehmer sein.<\/p>\n
Das Bundessozialgericht dagegen stuft das Anstellungsverh\u00e4ltnis des Fremd-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers stets als sozialversicherungspflichtiges Besch\u00e4ftigungsverh\u00e4ltnis ein, so dass er auch der Sozialversicherungspflicht unterliegt.<\/p>\n
Europarechtlich wird die Eigenschaft des Fremd-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrers wiederum anders bewertet. So hat der Europ\u00e4ische Gerichtshof zum einen im Jahr 2010 entschieden, dass eine schwangere Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerin der Mutterschutzrichtlinie unterliegt und damit ihre Abberufung ein Versto\u00df gegen den darin enthaltenen K\u00fcndigungsschutz darstellt. Im Jahr 2015 haben die europ\u00e4ischen Richter zum anderen entschieden, dass der Fremd-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer als Arbeitnehmer im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie gilt. Dies hat zur Folge, dass der Fremd-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer bei den Schwellenwerten des \u00a7 17 Absatz 1 K\u00fcndigungsschutzgesetz bei Massenentlassung mitzuz\u00e4hlen ist.<\/p>\n
Doch auch wenn der Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer im Regelfall nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist, so ist er nicht g\u00e4nzlich schutzlos. Eine Pflicht zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ergibt sich beispielsweise zwar nicht aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz, daf\u00fcr aber aus \u00a7 616 BGB. Auch das Betriebsrentengesetz ist auf Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer anwendbar. Zwar gilt das Bundesurlaubsgesetz f\u00fcr den Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer gerade nicht. Dennoch ist ein Urlaubsanspruch auch ohne eine ausdr\u00fcckliche Vereinbarung anzunehmen und auch ein Urlaubsabgeltungsanspruch ist gegeben. Ferner orientiert sich die K\u00fcndigungsfrist an den Fristen f\u00fcr Arbeitnehmer, wenn nichts Abweichendes im Anstellungsvertrag geregelt wurde. Letztendlich hat auch der Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer einen Anspruch auf ein Zeugnis (\u00a7 630 BGB) und unterliegt dem Pf\u00e4ndungsschutz f\u00fcr Arbeitseinkommen.<\/p>\n
Zudem k\u00f6nnen die Parteien in dem Anstellungsvertrag die Anwendbarkeit des K\u00fcndigungsschutzgesetzes vereinbaren.<\/p>\n
In der Praxis stellt sich zudem ganz h\u00e4ufig die Frage, ob der GmbH-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer nach Abberufung einen Anspruch auf Weiterbesch\u00e4ftigung hat, da schlie\u00dflich das Anstellungsverh\u00e4ltnis in der Regel noch zumindest bis zum Ablauf der K\u00fcndigungsfrist fortbesteht. Nach dem Bundesgerichtshof hat der abberufene Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer jedoch grunds\u00e4tzlich keinen Anspruch auf eine Weiterbesch\u00e4ftigung in einer seiner Gesch\u00e4ftsf\u00fchrert\u00e4tigkeit vergleichbaren leitenden Funktion. Anders sehen dies die Richter allerdings, wenn eine anderweitige Regelung im Anstellungsvertrag zu finden ist.<\/p>\n
Aus diesem und den weiteren vorbenannten Gr\u00fcnden sollten sich zuk\u00fcnftige Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer vor Abschluss des Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerdienstvertrages daher unbedingt anwaltliche Beratung einholen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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