{"id":1255,"date":"2011-07-06T15:40:25","date_gmt":"2011-07-06T13:40:25","guid":{"rendered":"http:\/\/www.selzer-reiff.kunde-formativ.net\/?p=1255"},"modified":"2019-10-11T16:27:27","modified_gmt":"2019-10-11T14:27:27","slug":"schwangere-gmbh-geschaeftsfuehrerin-aktuelle-eugh-entscheidung-2","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/www.selzer-reiff.de\/archiv\/schwangere-gmbh-geschaeftsfuehrerin-aktuelle-eugh-entscheidung-2\/","title":{"rendered":"Schwangere GmbH-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerin- aktuelle EuGH-Entscheidung"},"content":{"rendered":"
Rechtsanw\u00e4ltin Sonja Prothmann, Frankfurt am Main<\/p>\n
GmbH-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerinnen sind nach deutscher Rechtslage grunds\u00e4tzlich keine Arbeitnehmerinnen und unterfallen daher auch nicht dem Mutterschutzgesetz. Sie k\u00f6nnen daher auch w\u00e4hrend der Schwangerschaft und des Mutterschutzes abberufen werden.<\/p>\n
Der GmbH-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer \u00fcbt n\u00e4mlich als Organ der juristischen Person Arbeitgeberfunktionen aus und steht daher nach deutscher Rechtlage gerade nicht in einem Arbeitsverh\u00e4ltnis zur Gesellschaft.<\/p>\n
Lediglich in Ausnahme- und Einzelf\u00e4llen kann ein Fremdgesch\u00e4ftsf\u00fchrer, der gemeinsam mit anderen Gesch\u00e4ftsf\u00fchrern die Gesellschaft vertritt oder der Weisungen der Gesellschafter unterliegt, die weit \u00fcber das gesellschaftsrechtliche Weisungsrecht hinausgehen, als Arbeitnehmer angesehen werden. Da solche Konstellationen aber die Ausnahme sind, ist der GmbH-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer grunds\u00e4tzlich gerade kein Arbeitnehmer.<\/p>\n
Diese Rechtslage kann sich nun aber \u00e4ndern. Der Europ\u00e4ische Gerichtshof (EuGH) hat n\u00e4mlich von einem lettischen Berufungsgericht die Frage vorgelegt bekommen, ob Organmitglieder einer Kapitalgesellschaft Arbeitnehmer im Sinne des Unionsrechts sein k\u00f6nnen und ob die jederzeitige Abberufungsm\u00f6glichkeit einer Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerin mit der Mutterschutz-Richtlinie 92\/85\/EWG vereinbar ist.<\/p>\n
Daraufhin hat der EuGH entschieden (11.11.2010, C-232\/09, Danosa .\/. LKB Lizings SIA), dass der Arbeitnehmerbegriff in der Richtlinie unionsrechtlich zu definieren ist. Arbeitnehmer ist danach, wer f\u00fcr eine andere Person nach deren Weisungen Leistungen gegen entsprechende Verg\u00fctung erbringt. Unbeachtlich soll nach der Meinung der EuGH-Richter sein, ob nach nationalem Recht \u00fcberhaupt ein Arbeitsvertrag vorliegt.<\/p>\n
Da in dem vorgelegten Fall die Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerin gegen\u00fcber dem Aufsichtsrat rechenschaftspflichtig war und von der Gesellschafterversammlung abberufen werden konnte und es sich dabei um Organe handelt, welche die Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerin nicht kontrollieren konnte, wurde sie vom EuGH als Arbeitnehmerin im unionsrechtlichen Sinne angesehen. Die Vorschrift im lettischen Recht, nach der ein Gesch\u00e4ftsf\u00fchrer jederzeit abberufen werden kann, verst\u00f6\u00dft daher gegen das K\u00fcndigungsverbot der europ\u00e4ischen Mutterschutz-Richtlinie.<\/p>\n
Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen auch f\u00fcr die deutschen Kapitalgesellschaften.<\/p>\n
Nach \u00a7 38 I GmbH k\u00f6nnen n\u00e4mlich auch in Deutschland GmbH-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerinnen jederzeit und somit auch w\u00e4hrend einer Schwangerschaft abberufen werden. Diese Vorschrift d\u00fcrfte aber nach der EuGH-Entscheidung nicht mehr anwendbar sein, wenn die GmbH-Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerin nach deutschem Recht ihre Schwangerschaft angezeigt hat. Da sie dann als schwangere Arbeitnehmerin im Sinne der europ\u00e4ischen Richtlinie gilt, darf sie gerade nicht mehr ohne Grund abberufen werden. Stehen die Abberufungsgr\u00fcnde jedoch gerade nicht mit der Schwangerschaft in Verbindung, d\u00fcrfte sie dennoch zul\u00e4ssig sein, denn auch Art. 10 der Richtlinie l\u00e4sst eine entsprechende Ausnahme zu.<\/p>\n
Liegt somit ein Abberufungsgrund au\u00dferhalb der Schwangerschaft vor, kann die Gesch\u00e4ftsf\u00fchrerin weiterhin gek\u00fcndigt und abberufen werden, wobei die anderweitigen Gr\u00fcnde von der Gesellschaft angegeben werden sollten.<\/p>\n