Zugewinnausgleich
Was ist der Zugewinnausgleich?
Im Güterstand der Zugewinngemeinschaft wird bei einer Scheidung durch den Zugewinnausgleich das Vermögen, das während der Ehe erwirtschaftet wurde, zwischen den Ehegatten ausgeglichen. Das bedeutet, dass derjenige Ehegatte, der in der Ehe weniger Vermögen aufbauen konnte, von dem anderen Ehegatten 50 % seines höheren Vermögenszuwachses (des sogenannten Zugewinns) als Geldzahlung erhält.
Die familienrechtlichen Regelungen gelten für jede Form der Beendigung des Güterstands der Zugewinngemeinschaft, also auch, wenn ein Ehepartner verstirbt oder der Güterstand der Zugewinngemeinschaft durch Vereinbarung der Gütertrennung in einem Ehevertag beendet wird.
Im Falle des Versterbens eines Ehegatten wird der Zugewinnausgleich durch eine Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des längerlebenden Ehegatten um ein Viertel pauschal abgegolten. Ist dies nicht gewünscht, muss der Längerlebende das Erbe ausschlagen und kann dann seinen gesetzlichen Pflichtteilsanspruch sowie den konkret errechneten Zugewinnausgleich verlangen.
Das betreffende Vermögen kann sich vielfältig aufbauen, beispielsweise durch:
- Bankguthaben
- Grundstück und Immobilie
- Fahrzeuge
- Lebensversicherungen, die nicht der Altersvorsorge dienen
- Aktien, Edelmetalle und weitere Geldanlagen
- Schmuck und anderes Inventar
Zum Zugewinn zählt jede Art von Vermögenszuwachs, der während der Ehe stattfand.
Eine Ausnahme bilden Erbschaften und Schenkungen. Sie sind vermögensneutral, auch wenn Sie während der Ehe erfolgten. Bei ihnen wird lediglich ein möglicher Wertzuwachs in diesem Zeitraum berücksichtigt.
Rentenanwartschaften werden beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt. Hier kann jedoch ein Ausgleich über den sogenannten Versorgungsausgleich stattfinden.
Welchen Zweck hat der Zugewinnausgleich?
Mit dem Zugewinnausgleich wird gewährleistet, dass beide Ehepartner gleichermaßen am Vermögenszuwachs während der Ehe teilhaben. Er soll bei einer Scheidung finanziell benachteiligte Ehegatten schützen.
Wenn beispielsweise einer der Ehegatten aufgrund der Kindererziehung nicht so viel verdienen konnte wie der andere, soll dieser Nachteil kompensiert werden. Der Zugewinnausgleich basiert auf der Annahme, dass am erworbenen Vermögen in der Ehe direkt oder indirekt immer beide beteiligt waren.
Der Zugewinn wird, unabhängig vom Gehalt beider Partner, zur Hälfte geteilt. Die Erwerbs- und Familienarbeit sollen so gleichgestellt werden. Es ist verpflichtend, die Vermögensverhältnisse bei der Trennung offenzulegen und nachzuweisen, beispielsweise durch Kontoauszüge.
Wie wird der Zugewinnausgleich berechnet?
Für die Berechnung des Zugewinns relevant ist der Zeitraum ab dem Tag der Hochzeit bis zu dem Tag, an welchem der Scheidungsantrag zugestellt wurde. Für diese Zeit erfolgt eine Vermögensaufstellung. Das gesamte während der Ehe erwirtschaftete Vermögen wird berücksichtigt.
Nun wird die Differenz des Anfangs- und Endvermögens beider Eheleute ermittelt. Dies ist der Zugewinn, auf welchen wiederum beide Parteien zu gleichen Teilen einen Anspruch haben.
Derjenige Partner, der mehr Zugewinn in der Ehe gemacht hat, muss dem anderen dies in Form einer Geldzahlung ausgleichen. Die geschiedenen Eheleute können auch einen Ausgleich in Form von Sach- und Vermögenswerten vereinbaren.
Wichtig: Beim Zugewinnausgleich wird nicht das gesamte Vermögen aufgeteilt. Es geht ausschließlich um den Ausgleich des Vermögenszuwachses während der Ehe.
Es ist auch möglich, dass der Zugewinn negativ ausfällt, wenn das Ehepaar beispielsweise gemeinsame Schulden hat. Diese werden ebenso hälftig aufgeteilt.
Wann ist ein Zugewinnausgleich zu zahlen und wann kann die Zahlung ausgeschlossen werden?
Mit der Eheschließung leben Paare automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, sofern keine Gütertrennung durch einen notariellen Ehevertrag vereinbart wurde.
Die Entscheidung über den Zugewinnausgleich trifft das Familiengericht, nachdem er von einem der Scheidungsbeteiligten beantragt wurde. Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt drei Jahre nach rechtskräftig erfolgter Scheidung. Anschließend kann bei Gericht kein Antrag auf Zugewinnausgleich mehr gestellt werden.
Um Anwalts- und Gerichtskosten einzusparen, ist es natürlich immer günstig, wenn sich die Ehegatten im Falle der Scheidung einvernehmlich über die Vermögensauseinandersetzung verständigen können, ohne dass hierfür das Familiengericht angerufen werden muss. Dies erfolgt dann im Rahmen einer notariellen Scheidungsfolgenvereinbarung.
Der Gesetzgeber sieht zudem vor, dass das vorhandene Vermögen bei der Festlegung des Zugewinnausgleichs berücksichtigt wird. Der Ehegatte mit dem höheren Zuwachs ist nicht dazu verpflichtet, für den Zugewinnausgleich ein Darlehen aufzunehmen. Auch Gewalt oder andere Härtefälle in der Ehe können eine Verweigerung des Ausgleichs begründen.
Ausschluss oder Modifizierung des Zugewinnausgleichs durch einen Ehevertrag
Durch einen Ehevertrag können die Ehegatten den Zugewinnausgleich ausschließen oder abweichend von den gesetzlichen Vorgaben modifizieren (modifizierte Zugewinngemeinschaft). Der Ehevertrag muss notariell beurkundet werden.
Tatsächlich ist es so, dass der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft (ebenso wie andere gesetzliche Rahmenbedingungen zur Ehe) vor allem für die traditionelle Familie mit gemeinsamen Kindern und einem unterschiedlich hohen Erwerbseinkommen der beiden Ehegatten zutreffend ist.
Dieser Rechtsrahmen passt oftmals nicht zur individuellen Situation heutiger Ehen. Teils können sogar gravierende Komplikationen entstehen, wie wir in einigen Fachbeiträgen zum Familienrecht dargestellt haben.
Mit einer fachkundigen Beratung und dem Abschluss eines Ehevertrages bei einem Notar Ihres Vertrauens können Sie für den Fall einer Trennung bzw. Scheidung für Sie optimale Vereinbarungen treffen.
Zusammenfassung
Der Zugewinnausgleich kommt bei einer Scheidung zum Tragen, wenn das Ehepaar im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat.
Der geschiedene Ex-Ehepartner mit dem niedrigeren Zugewinn kann dann die Hälfte der Differenz des Vermögenszuwachses fordern, den der andere Partner während der Ehe mehr erwirtschaftet hat.
Das Anfangsvermögen (am Tag der Hochzeit) wird hierfür dem Endvermögen (am Tag der Zustellung des Scheidungsantrags) gegenübergestellt. Die Differenz ist der Zugewinn. Der den Zugewinn des anderen Partners übersteigende Teilwird hälftig geteilt. In dieser Höhe hat dann der Ehepartner mit dem geringeren Zugewinn einen Anspruch auf Zugewinnausgleich, der ohne anderweitige Vereinbarung in Geld zu leisten ist.
Der Zugewinnausgleich erfolgt nicht automatisch während des Scheidungsprozesses. Das Familiengericht führt ihn nur auf Antrag eines der beteiligten Ehepartner durch. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
Der Zugewinnausgleich orientiert sich immer noch an der klassischen „Hausfrauenehe“, also an der Annahme, dass ein Ehepartner oft der Allein- oder Hauptverdiener ist, während der andere, die Kinder betreut und sich um den Haushalt kümmert.
Durch den Zugewinnausgleich sollen finanzielle Nachteile ausglichen werden, die durch diese traditionelle Arbeitsteilung entstehen.
Sehr häufig bildet der Zugewinnausgleich nicht mehr die individuellen Erfordernisse in modernen, vielfältigen Beziehungen ab. Mit einem Ehevertrag lassen sich auf die persönliche Situation abgestimmte Regelungen treffen. Fachgerechte Beratung hierzu erhalten Sie beim Notar.