06.07.2020
Warum ein Ehevertrag auch gerade nach der Hochzeit noch sinnvoll ist
Von Notarin Sonja Reiff
Viele Paare machen sich vor der Hochzeit Gedanken, ob sie einen Ehevertrag schließen sollen oder nicht. In den meisten Fällen ist dies auch sinnvoll und das zukünftige Ehepaar kann mit einem solchen vorsorgenden Ehevertrag spätere Streitpunkte bei einer Scheidung reduzieren.
Häufig ist aber zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht absehbar, wie sich die Vermögensverhältnisse, die Familienplanung und die Berufstätigkeit der Ehepartner in der Ehe tatsächlich entwickeln werden.
Manchmal kommt es gerade durch einen zu früh geschlossenen Ehevertrag zu einem nicht gewollten Ungleichgewicht.
Sind zum Beispiel die Eheleute davon ausgegangen, dass sie relativ gleichwertig Vermögen in der Ehe aufbauen werden, da sie zu Beginn der Ehe ähnliche Einkommen hatten und war geplant, dass ein Ehepartner seine Berufstätigkeit nur kurz für Zeiten der Kinderbetreuung unterbrechen wird, war ein gegenseitiger Verzicht auf Zugewinnausgleichsansprüche oder auf Versorgungsausgleich in diesem Zeitpunkt vielleicht noch angemessen.
Stellt sich dann jedoch während der Ehe heraus, dass ein Ehepartner doch langfristig zu Hause geblieben ist, um die Kinder zu betreuen, oder hat er nur eine geringfügige Teilzeittätigkeit aufgenommen, während der andere Partner gut verdient und ein großes Vermögen aufgebaut hat, entsteht bei einer späteren Scheidung ein Ungleichgewicht. Dies kann sogar soweit gehen, dass ein Ehepartner in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten gerät, wenn es zu einer Scheidung käme.
Zwar werden solche Eheverträge bei Scheidung auch von den Familiengerichten überprüft und gewisse Regelungen teilweise auch nachträglich angepasst. Einige Regelungen bleiben aber bestehen.
Mit einem später geschlossenen Ehevertrag können die Ehepartner daher viele Punkte viel konkreter und individueller regeln, selbst wenn sie zu diesem Zeitpunkt nicht planen, sich zu trennen. Dadurch kann viel Streit für den Fall der Scheidung verhindert werden.
Stellt sich beispielsweise heraus, dass ein Ehepartner doch länger als geplant die Berufstätigkeit unterbrochen hat oder auch noch plant, länger zu unterbrechen, so können verstärkende Unterhaltsregelungen vereinbart werden. Bei diesen wird vereinbart, dass der die Kinder betreuende Ehepartner längere oder höhere Unterhaltszahlungen als die gesetzlich vorgegebenen erhält.
Auch kann bei sehr unterschiedlichen Vermögensentwicklungen ein Ausgleich an den Ehepartner vereinbart werden, der weniger Vermögen aufbauen konnte. Ein solcher würde zwar im Falle der Scheidung sowieso als Zugewinnausgleichsanspruch entstehen. Die Vertragspartner können diesen aber auch pauschal vereinbaren, um dann den späteren Streit über die Höhe des Vermögens und des Anspruchs zu verhindern. Ferner kann auch der Ehepartner mit dem höheren Vermögen sich dahingehend absichern, dass er nicht genau die Hälfte seines mehr erwirtschafteten Vermögens abgeben muss und dennoch der andere Ehepartner ausreichend versorgt ist.
Der gesetzliche Zugewinnausgleich, der bei Scheidung entsteht, muss in Geld gezahlt werden. Häufig besteht aber gar nicht so viel Liquidität, sondern ist in gewissen Vermögenswerten wie Immobilien angelegt.
In einem Ehevertrag kann als Zugewinnausgleich statt einer Geldzahlung aber auch die Übertragung einer Immobilie vereinbart werden.
Manchmal möchten die Ehepartner sogar gerne Immobilien oder andere Vermögenswerte auf den anderen Ehepartner übertragen, müssten dann aber zu viel Steuern zahlen, da die Steuerfreibeträge bei Schenkungen überschritten werden.
Dann kann in Eheverträgen die sogenannte Güterstandsschaukel vereinbart werden. Diese Vermögensübertragung von dem einen Ehepartner auf den anderen im Rahmen eines Zugewinnausgleiches ist dann steuerfrei.
Es ist daher gerade sinnvoll während der Ehe über den Abschluss eines Ehevertrages nachzudenken, auch wenn eine Trennung nicht gewünscht und geplant ist.
Lassen Sie sich daher jederzeit von einem Notar hierzu beraten.
Weiterführende Informationen:
Der Ehevertrag eines Unternehmers/einer Unternehmerin
Notarielle Urkunden und Ehen mit Auslandsbezug – Die Europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO)
Der Ehevertrag: Bereits in guten Zeiten vorausschauen und vorsorgen