14.04.2017
Das Nachlassverfahren wird digital
In den letzten drei Jahren wurden über 18 Millionen Karteikarten ins Zentrale Testamentsregister überführt, berichtet die Bundesnotarkammer. Der Aufbau eines zentralen, digitalen Testamentsregisters soll den Zugriff auf im Erbfall relevante Unterlagen erleichtern und damit Nachlassverfahren deutlich vereinfachen und beschleunigen.
Weitere Informationen gibt die Bundesnotarkammer in einer ausführlichen Pressemeldung:
Leider kommt es immer wieder vor, dass Testamente gar nicht oder erst nach Jahren gefunden werden. Damit dies nicht passiert und der „letzte Wille“ im Erbfall sicher berücksichtigt wird, hat die Bundesnotarkammer das „Zentrale Testamentsregister“ eingerichtet. Ziel dieses Registers ist es, die Angaben zu allen Testamenten, Erbverträgen und sonstigen erbfolgerelevanten Urkunden, die von einem Gericht oder Notar verwahrt werden, digital an einem Ort zu zentralisieren. Zuvor wurden diese Angaben in ganz Deutschland verteilt bei rund 4.700 Standesämtern und der Hauptkartei für Testamente beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg auf Karteikarten gesammelt. Durch das Zentrale Testamentsregister konnten die Nachlassverfahren enorm beschleunigt werden.
Mehr als 18 Millionen Karteikarten wurden in den letzten drei Jahren in das Zentrale Testamentsregister übertragen. Von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkt, stellt die Testamentsverzeichnisüberführung damit eines der größten Projekte zur Verwaltungsmodernisierung der vergangenen Jahre dar. Der erfolgreiche Abschluss der Überführung soll mit einem Festakt am 16. Februar 2017 in Berlin gefeiert werden. Grußworte sprechen Christiane Wirtz, Staatssekretärin der Justiz und für Verbraucherschutz und Klaus Ehrmann, ehemaliger Abteilungsleiter im Justizministerium des Landes Baden-Württemberg.
Schnelle Erteilung von Erbscheinen
Das Zentrale Testamentsregister ist ein Projekt der vorsorgenden Rechtspflege. Hier wird Verbraucherschutz gelebt. Bislang waren die Angaben zu Testamenten dezentral auf rund 13 Millionen Karteikarten bei den Standesämtern und der Hauptkartei für Testamente beim Amtsgericht Berlin-Schöneberg registriert. Seit dem 1. Januar 2012 erfolgt die Erfassung dieser Angaben bundesweit im Zentralen Testamentsregister der Bundesnotarkammer. Bei Tod eines Erblassers erhält das Nachlassgericht nun sofort eine Übersicht über alle für die Erbscheinerteilung notwendigen Urkunden, die in dem Register erfasst sind. Erbscheine, die nötig sind, um zum Beispiel Geld vom Konto des Verstorbenen abzuheben, können viel schneller als zuvor erteilt werden.
Der „letzte Wille“ wird sicher und zeitnah erfüllt
Das alte dezentrale Meldesystem hatte zudem immer wieder zu Fehlern geführt. Die Kommunikation zwischen dem Sterbe- und Geburtsstandesamt, der Stelle, die das Testament verwahrt und dem Nachlassgericht war zeitaufwendig und kostenintensiv. Nun muss das Sterbestandesamt nur noch das Zentrale Testamentsregister benachrichtigen. Dort wird digital überprüft, ob der Erblasser Verfügungen von Todes wegen getroffen hat, die amtlich verwahrt werden. Das Register teilt dem zuständigen Nachlassgericht mit, ob und welche Urkunden zu beachten sind. Gleichzeitig benachrichtigt es das verwahrende Gericht oder den verwahrenden Notar und sorgt dafür, dass das dort vorliegende Testament umgehend zur Eröffnung an das Nachlassgericht gesendet wird. Der „letzte Wille“ des Verstorbenen wird somit rechtssicher und schnell erfüllt.
Digitale Nacherfassung der alten Karteikarten
Damit auch die Urkunden, die vor 2012 errichtet wurden, von dem neuen Meldesystem erfasst werden, war die schrittweise digitale Nacherfassung der alten Verwahrungsnachrichten erforderlich. Mit der Überführung der Karteikarten wurde die Bundesnotarkammer beauftragt, die diese komplexe Aufgabe in drei Jahren – und damit sogar schneller als vorgegeben – sicher, reibungslos und im vorgegebenen Kostenrahmen umgesetzt hat.
Nichteheliche und adoptierte Kinder müssen in der Erbfolge berücksichtigt werden
Über die Verwahrungsnachrichten hinaus hat die Bundesnotarkammer auch Informationen von rund fünf Millionen Karteikarten über nichteheliche oder adoptierte Kinder aus den Jahren 1970 bis 2008 in das digitale Testamentsregister übertragen. Dadurch wird gewährleistet, dass auch diese Kinder im Erbfall zu ihrem Recht kommen.
Datenschutz bleibt gewahrt
Gespeichert werden im Testamentsregister nur die Daten, die zum Auffinden der verwahrten Urkunden erforderlich sind, nicht aber der Inhalt von Testamenten oder Erbverträgen. Registerauskünfte zur Ermittlung erbrechtlich relevanter Urkunden können nur Gerichten und Notaren erteilt werden – zu Lebzeiten muss aber der Erblasser der Auskunftserteilung zugestimmt haben.
Die Bundesnotarkammer vertritt die deutschen Notare im nationalen und internationalen Bereich, wirkt in Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene sowie bei der Entwicklung des notariellen Berufsrechts mit und sorgt für die Fortbildung der Notare. Zudem betreibt die Bundesnotarkammer das Zentrale Vorsorgeregister und das Zentrale Testamentsregister.
Quelle: https://www.bnotk.de/9:1150/Pressemitteilungen/2017/pm_bnotk_170208.html
Weitere Informationen zur Errichtung von Testamenten und Erbverträgen und wie der Notar Sie bei der Nachlassregelung unterstützen kann finden Sie unter anderem hier:
Erbfall: Was ist zu tun und woran sollten Sie denken?
Gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag
Tag-It: Erbercht, Notar, Notariat, Erbschein, Testament, Erbvertrag, Nachlass regeln, Zentrales Testamentsregister