28.04.2012

Aktuelle Gesetzgebung: Verbesserte Chancen für Unternehmenssanierungen

Am 1.3.2012 ist das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) in Kraft getreten. Damit sollen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung notleidender Unternehmen verbessert werden. Unternehmenssanierungen sollen so einfacher, effektiver und schneller möglich werden. Ein wesentliches Element ist dabei, dass die Gläubiger frühzeitig an der Verwalterauswahl beteiligt werden. Erfolgreiche Sanierungen können nur gelingen, wenn Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht und die Gläubiger wissen, mit wem sie sich „auf die Reise“ begeben. Gerade bei Großverfahren soll so die Rechts- und Planungssicherheit der Gläubiger gestärkt werden.

Darüber hinaus wird ein neues Schutzschirmverfahren geschaffen. Durch dieses wird dem Schuldner bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Möglichkeit eröffnet, unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb von drei Monaten ein Sanierungskonzept auszuarbeiten, das anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann. In diesem Zeitraum darf das Gericht dem Schuldner auch nicht die Verfügungsbefugnis über sein Vermögen entziehen.

Hervorzuheben sind insbesondere die folgenden Neuerungen:

Stärkung der Gläubigerautonomie

Es besteht künftig die Möglichkeit, bereits im Eröffnungsverfahren einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzusetzen, der bei bestimmten Unternehmen ein wichtiges Mitspracherecht bei der Auswahl des Insolvenzverwalters und der Anordnung der Eigenverwaltung hat. Die Anordnung einer Eigenverwaltung wird erleichtert: Das Gericht wird dadurch gezwungen, sich ernsthafter als bisher mit den Möglichkeiten der Eigenverwaltung auseinanderzusetzen. Befürwortet der Gläubigerausschuss sie einhellig, soll das Gericht daran gebunden sein. Auch bei der Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters wird der vorläufige Gläubigerausschuss eingebunden. Die Beteiligung der Gläubiger wird aber nicht nur zeitlich vorverlagert. Vorgaben des Ausschusses zur Person des Verwalters sollen für den Richter unter bestimmten Umständen bindend sein. Künftig wird das Gericht in Insolvenzverfahren über Unternehmen, deren Betrieb noch nicht eingestellt ist und die eine bestimmte Unternehmensgröße und damit eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung haben (gemessen an ihrem Umsatz, der Arbeitnehmerzahl bzw. der Jahresbilanzsumme), verpflichtet, einen vorläufigen Gläubigerausschuss einzuberufen. Besteht ein solcher vorläufiger Gläubigerausschuss und einigen sich alle Mitglieder auf einen Verwalter, soll das Gericht den Vorgeschlagenen nur ablehnen können, wenn er offensichtlich ungeeignet ist.

Schaffung eines Schutzschirmverfahrens

Ein Schuldner wird zukünftig bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung die Möglichkeit erhalten, innerhalb von drei Monaten in einer Art „Schutzschirmverfahren“ unter Aufsicht eines vorläufigen Sachwalters und frei von Vollstreckungsmaßnahmen in Eigenverwaltung ein Sanierungskonzept auszuarbeiten, das anschließend als Insolvenzplan umgesetzt werden kann. Das Gericht soll nicht nur regelmäßig den vom Schuldner Vorgeschlagenen als vorläufigen Sachwalter einsetzen, auf Antrag ist das Gericht dazu auch verpflichtet, Zwangsvollstreckungen gegen den Schuldner zu untersagen oder einstweilen einzustellen. Zudem darf es im Schutzschirmverfahren weder einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestellen noch den Schuldner in der Verfügungsbefugnis über sein Vermögen einschränken.

Ausbau und Straffung des Planverfahrens

Im Rahmen des Planverfahrens können künftig als Sanierungsinstrument auch Forderungen von Gläubigern in Gesellschaftsanteile umgewandelt werden („dept-equity-swap). Die Einbindung dieses gesellschaftsrechtlichen Instruments in die Insolvenzordnung verbessert die Sanierungschancen, da Widerstände von Altgesellschaftern überwunden werden können. Durch eine moderate Beschränkung der Rechtsmittel gegen die Planbestätigung sollen einzelne Gläubiger nicht mehr in missbräuchlicher Weise das Wirksamwerden des Plans verhindern können.

Stärkung des Vollstreckungsschutzes nach Verfahrensaufhebung

Um zu vermeiden, dass Forderungen, die im Insolvenzverfahren nicht angemeldet wurden und erst nach Abschluss des Planverfahrens geltend gemacht werden, die Finanzplanung nachträglich stören, hat der Schuldner künftig die Möglichkeit, bei Vollstreckungsversuchen nach der Verfahrensaufhebung Vollstreckungsschutz durch das Insolvenzgericht zu erhalten, wenn die geltend gemachte Forderung die Durchführung des Insolvenzplans gefährdet. Zudem werden die Verjährungsfristen für verspätete Forderungen verkürzt: Ansprüche, die nicht bis zum Abstimmungstermin angemeldet worden sind und mit denen deshalb nicht zu rechnen war, verjähren künftig in einem Jahr.

Quelle: IWW Institut für Wirtschaftspublizistik Verlag Steuern – Recht – Wirtschaft GmbH & Co. KG