20.09.2017

Adoption von Kindern und Erwachsenen: Auswirkungen im Erbrecht

Die Adoption eines minderjährigen Kindes oder einer volljährigen Person hat für alle Beteiligten weitreichende Konsequenzen. Ein Mensch wird aus einem Familienverband ausgelöst und in eine neue familiäre Struktur eingebunden. Dieser in der Praxis oft unkompliziert gelebte Sachverhalt hat auch Auswirkungen auf den Nachlass der Adoptiveltern. Verschiedene Faktoren, wie das Alter des Kindes bei Adoption und der Adoptionszeitpunkt spielen eine Rolle.

Das Erbrecht der adoptierten minderjährigen Kinder

Das deutsche Adoptionsrecht sieht die Unterscheidung zwischen der Annahme eines minderjährigen Kindes und der Annahme Volljähriger vor. Während bei der Adoption eines minderjährigen Kindes alle Aspekte rund um das Wohl des Kindes sowie Fragen der Personen- und Vermögenssorge im Vordergrund stehen, kommt es bei der Adoption volljähriger Menschen auf die sittliche Rechtfertigung an.

Nur wenn nach § 1767 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden ist, darf eine volljährige Person familienrechtlich als Kind angenommen werden. Die Annahme des minderjährigen Kindes richtet sich nach den §§ 1741 ff. BGB. Diese Gesetze gelten nach § 1767 Absatz 2 BGB mit wenigen Ausnahmen auch für die volljährigen Adoptierten, so dass für alle angenommenen Kinder in weiten Teilen dasselbe Erbrecht gilt.

Da das minderjährige Kind nach der Adoption gemäß § 1754 BGB die rechtliche Stellung eines leiblichen Kindes erwirbt, wird das Kind zu einem Abkömmling nach § 1924 BGB im erbrechtlichen Sinne. Ein Unterschied zwischen einem leiblichen und einem als minderjähriges Kind adoptierten Abkömmling besteht daher unter keinem Gesichtspunkt.

Das Adoptivkind wird im Erbfall gesetzlicher Erbe erster Ordnung nach § 1924 BGB. Seine Abkömmlinge treten bei seinem Vorversterben im Sinne des Erbrechts nach Stämmen nach § 1924 Absatz 3 BGB in seine erbrechtliche Position ein. Sollte das Adoptivkind nach der Annahme als minderjähriges Kind testamentarisch enterbt werden, so steht ihm das Pflichtteilsrecht gemäß § 2303 BGB zu.

Dieses Pflichtteilsrecht besteht als Anspruch auf Geld gegen die Erbengemeinschaft in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils. Da das minderjährige Kind dieselbe erbrechtliche Stellung wie ein leibliches Kind hat, erwerben auch seine Adoptiveltern ein Erbrecht. Mit der Adoption erlöschen alle erbrechtlichen Ansprüche gegen die leiblichen Eltern.

Stiefkind-Adoption und Pflegekinder im Erbrecht

In diesen modernen Tagen scheint es mehr Patchwork-Familien zu geben als je zuvor. In einer Patchwork-Familie leben Kinder in der Regel nur noch mit einem ihrer leiblichen Elternteile und derem neuen Lebenspartner zusammen. Da viele Patchwork-Familien ein sehr gut funktionierendes soziales Gefüge bilden, kommt oft auch der Wunsch auf, die Kinder des Lebenspartners zu adoptieren.

Diese Adoption eines minderjährigen Stiefkindes hat dieselben rechtlichen Auswirkungen wie die Annahme von Minderjährigen nach den §§ 1741 BGB. Das adoptierte Kind und der annehmende Lebenspartner des leiblichen Elternteils erhalten dieselbe rechtliche Stellung wie die leiblichen Verwandten. Erbrechtlich kann die Stiefkind-Adoption eine gerechte Lösung sein. Sind aber die Vermögensmassen der Ehepartner unterschiedlich groß, so kann die Stiefkind-Adoption auch zu einem sozialen Spannungsfeld werden.

Das deutsche Erbrecht bietet auch für diesen Fall zahlreiche Lösungen und Instrumente, um zu einem für alle Beteiligten gerechten Ausgleich zu kommen.

Berliner Testamente mit Pflichtteilsklauseln, Auflagen, Verfügungen, Vorausvermächtnisse im Testament, Erbverzichte und Schenkungen sind heutzutage in der Praxis des Erbrechts zu einer Selbstverständlichkeit geworden.

Im Gegensatz zum Erbrecht der adoptierten minderjährigen Kinder und der adoptierten Stiefkinder sind Pflegekinder gegenüber ihren Pflegeeltern nicht erbberechtigt.

Pflegekinder wachsen bei den von den Jugendämtern ausgesuchten Pflegeeltern auf, weil die leiblichen Eltern in der Regel nicht in der Lage sind, sich um ihre Kinder zu kümmern. Dennoch lieben auch diese Eltern ihre Kinder und möchten sie auf keinen Fall zur Adoption frei geben. In vielen Fällen können Pflegekinder nach einiger Zeit sogar zu ihren leiblichen Eltern zurückkehren. Daher behalten sie auch alle erbrechtlichen Ansprüche gegen ihre leiblichen Eltern.

Rechtslage im Jahr der Adoptionspflege

Vor jeder Annahme eines minderjährigen Kindes müssen die Adoptiveltern das Kind mindestens ein Jahr in Adoptionspflege nehmen. In diesem Jahr hat das Jugendamt die Vormundschaft über das Kind. Die Adoptiveltern sind aber bereits für den Unterhalt des Kindes zuständig. Sie haben daher auch Ansprüche auf Kindererziehungszeiten, Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub. Dennoch bestehen bis zur offiziellen Annahme als Kind keinerlei erbrechtlichen Verbindungen zwischen Pflegekind und zukünftigen Adoptiveltern.

Die Adoptionspflege dient dem Aufbau des sozialen Bandes zwischen Eltern und Kind und kann bei älteren minderjährigen Kindern auf Wunsch des Jugendamtes verlängert werden. Das Höchstalter für Eltern, die ein Kind adoptieren möchten und mit dem Pflegejahr beginnen, wird von vielen Ämtern auf 35 Jahre festgelegt.

Annahme volljähriger Kinder – Doppelte erbrechtliche Bindung nach Adoption

Das nach § 1767 BGB entstehende Verwandtschaftsverhältnis zwischen volljährigem Kind und Adoptiveltern führt zu erbrechtlichen Ansprüchen zwischen Adoptiveltern und Adoptivkind.

Allerdings entsteht bei der Erwachsenenadoption kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Rest der Familie der Adoptiveltern und dem angenommenen volljährigen Abkömmling. Daher ist das Recht auf das Erbe und den Pflichtteil gegenüber den Adoptiveltern nach § 1770 BGB nicht mit dem gesetzlichen Erbrecht leiblicher und minderjährig adoptierter Kinder gleichzusetzen.

Stattdessen behält das volljährig adoptierte Kind alle Ansprüche aus dem gesetzlichen Erbrecht gegenüber seinen leiblichen Eltern. Die Erwachsenenadoption kann daher zu vier Erbfällen gegenüber den vier Elternteilen der leiblichen und der Adoptivfamilie führen.

In der Praxis werden häufig Pflegekinder nach Eintritt der Volljährigkeit von den Pflegeeltern nach § 1767 BGB angenommen. Die Annahme eines Volljährigen kann unter erbschaftsteuerlichen Aspekten Sinn machen. Alle adoptierten Kinder kommen im Erbfall in den Genuss der günstigen Erbschaftsteuerklasse I, die einen sehr hohen Steuerfreibetrag bietet.

Nach § 1771 BGB kann die Annahme eines Volljährigen bei einem wichtigen Grund auf Antrag der Adoptiveltern und des Angenommenen aufgehoben werden. Die Aufhebung einer Minderjährigen-Adoption richtet sich nach §§ 1760 und 1763 BGB. Mit einer Aufhebung entfallen auch alle erbrechtlichen Bindungen zwischen angenommenem Kind und Adoptiveltern.

Bei der Minderjährigen- sowie bei der Volljährigenadoption erhält der Angenommene nach § 1757 BGB zwingend den Nachnamen des Annehmenden als Geburtsnamen. Das bedeutet, dass der ursprüngliche Geburtsname wegfällt. Nur in Ausnahmefällen ist ein Doppelname möglich oder bei bereits verheirateten Adoptivkindern bleibt der Ehename in der Regel bestehen, auch wenn es der ursprüngliche Geburtsname des Adoptivkindes war.

Eine Volljährigenadoption hat daher auch im Hinblick auf den Familiennamen große Auswirkungen auf den Annehmenden, insbesondere wenn dieser schon älter ist und schon sehr lange seinen ursprünglichen Geburtsnamen führt.

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