08.03.2017

Gemeinschaftliches Testament oder Erbvertrag

Von Notarin Sonja Reiff

Ehepartner, die  gemeinsam ihre Erbfolge regeln wollen, wünschen von dem Notar in den meisten Fällen die Erstellung eines gemeinschaftlichen Testaments. Dabei bietet der Erbvertrag gegenüber dem gemeinschaftlichen Ehegattentestament viele Vorteile und ist daher auch in den meisten Fällen diesem vorzuziehen.

Zum einen kann ein Erbvertrag nicht nur zwischen Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern, sondern auch zwischen Lebensgefährten und sonstigen Personen getroffen werden. Zum anderen ist es auch möglich, den Erbvertrag nicht nur zwischen zwei Erblasser zu schließen, sondern noch weitere Beteiligte aufzunehmen. Auch können lebzeitige Verpflichtungen, wie z.B. eine Pflegeverpflichtung bindend mit aufgenommen werden.

Es ist auch nicht richtig, dass ein Erbvertrag grundsätzlich nicht mehr abgeändert werden kann, wenn er einmal geschlossen wurde. Vielmehr zeichnet sich ein Erbvertrag gerade durch die flexiblen Rücktritts- und Änderungsmöglichkeiten aus. So kann ein einseitiges Rücktrittsrecht zu Lebzeiten aufgenommen werden. Außerdem müssen nicht sämtliche Regelungen in einem Erbvertrag zwischen den Vertragspartner bindend geschlossen werden. Oft reicht es aus, dass nur eine bindende Regelung enthalten ist (beispielsweise nur die gegenseitige Erbeinsetzung von Paaren) und weitere Regelungen auch einseitig  nach dem Tod des Erstversterbenden durch den Längerlebenden abgeändert werden können.  Ist natürlich eine starke Bindung in allen Punkten gewünscht, so kann auch das in dem Erbvertrag festgelegt werden. Einvernehmlich ist zu Lebzeiten von allen Vertragsbeteiligten ohnehin eine Aufhebung des Erbvertrages jederzeit möglich.

Auch ist der nach dem Vertrag eingesetzte Erbe bereits ab Vertragsschluss geschützt. Zwar kann grundsätzlich der Erblasser zu Lebzeiten über sein Vermögen frei verfügen. Haben sich aber beispielsweise Ehepartner  bindend gegenseitig als Erben und als Schlusserben das gemeinsame Kind eingesetzt und versucht nun der Überlebende nach dem Tod seines Partners, die Nachlassgegenstände in beeinträchtigender Absicht an seinen neuen Lebensgefährten zu verschenken, so ist das Kind als Vertragserbe davor geschützt. Bei einem Testament greift dieser Schutz erst mit dem Erbfall ein.

Seit Mitte 2015 ist die Europäische Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) in Kraft getreten, welche für die gesamte EU gilt und bei Auslandbezug das anzuwendende Erbrecht einheitlich regelt. Da die meisten Staaten jedoch ein gemeinschaftliches Testament mit Bindungswirkung nicht kennen, wie wir es in Deutschland haben, ist dessen Einordnung in der EU-ErbVO umstritten. Erbverträge sind jedoch in der EU-Verordnung eindeutig geregelt.

Letztendlich sind die Notarkosten zur Beurkundung eines gemeinschaftlichen Testaments und eines Erbvertrages gleich, so dass die Erstellung eines Testaments auch keinen Kostenvorteil bringt.

Zwar muss der Erbvertrag zwingend von einem Notar beurkundet werden, während ein gemeinschaftliches Testament auch handschriftlich gefasst werden kann. Allerdings ist von einer eigenhändigen Erstellung dringend abzuraten. Ist nämlich der Wortlaut des Testaments nicht eindeutig, so kann es zu Auslegungsschwierigkeiten und am Ende zu Rechtsstreitigkeiten zwischen den Erben und Nichtbedachten kommen. Aufgrund der Komplexität der Regelungsmöglichkeiten ist die Erstellung eines Testaments für einen juristischen Laien kaum rechtssicher möglich. Es besteht daher immer die Gefahr, dass beim Erbfall doch nicht das Ergebnis herauskommt, welches der Erblasser sich zu Lebzeiten gewünscht hat. Daher sollte auch ein Testament stets von einem Notar erstellt werden. Dieser erforscht den Sachverhalt und regelt dann den Willen des Erblassers vollständig und rechtssicher. Besteht zudem ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag, dann ist in der Regel gar kein Erbschein mehr nötig. Zum Erbnachweis reicht dann das Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichts aus, selbst zur Umschreibung von Immobilien im Grundbuch.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Erbvertrag viele Gestaltungsvorteile hat und somit in den meisten Fällen einem gemeinschaftlichen Testament vorzuziehen ist.