11.06.2019

Der Immobilienkauf – Die vom Verkäufer noch bewohnte Immobilie

Von Notarin Sonja Reiff

In der Praxis ist es häufig der Fall, dass eine Immobilie noch vom Verkäufer bewohnt wird, wenn der notarielle Kaufvertrag beurkundet wird. Manchmal ist eine längere Nutzung durch den Verkäufer auch nach Beurkundung gewünscht und auch im Interesse des Käufers, der eventuell ebenfalls noch etwas Zeit benötigt, um den Umzug in das neue Heim zu organisieren.

Birgt dies jedoch Gefahren für den Käufer?

Im Normalfall wird im notariellen Kaufvertrag vereinbart, dass die Übergabe des Hauses oder der Wohnung mit Zahlung des Kaufpreises stattzufinden hat. Wenn dann sichergestellt werden soll, dass der Käufer nicht vorleistet, sondern der Verkäufer auf jeden Fall ausgezogen ist, dann kann die Kaufpreiszahlung auch von der vorherigen Räumung des Verkäufers abhängig gemacht werden. Das bedeutet dann, dass der Käufer den Kaufpreis erst zahlen muss, wenn die Immobilie tatsächlich leer steht.

Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, die Kaufpreiszahlung nicht von der Räumung durch den Verkäufer abhängig zu machen, sondern die Zahlung des Kaufpreises bewusst auf einen früheren Termin zu legen und dem Verkäufer dennoch zu gestatten, den Vertragsgegenstand auch nach Kaufpreiszahlung und Übergang der Kosten und Lasten der Immobilie auf den Käufer noch für einen festgelegten Zeitraum zu bewohnen. In der Regel ist der Verkäufer dann verpflichtet, ab Zahlung des Kaufpreises an den Käufer eine monatliche Nutzungsentschädigung zu zahlen bis die Immobilie tatsächlich geräumt ist. Ferner kann im notariellen Vertrag aufgenommen werden, dass sich der Verkäufer bzgl. der Nutzungsentschädigung der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen unterwirft. Sollte dann der Verkäufer die Nutzungsentschädigung nicht zahlen, kann der Käufer direkt die Zwangsvollstreckung gegen ihn einleiten, ohne dass ein gerichtliches Klageverfahren erforderlich wird. Auch sollte bei weiterer Nutzung durch den Verkäufer ein fester Räumungstermin vereinbart werden und dem Käufer bei Überschreitung der Frist die Möglichkeit gegeben werden, von dem Kaufvertrag zurückzutreten.

Wenn entsprechende Schutzregelungen für den Käufer im Vertrag enthalten sind, ist auch das Risiko für ihn bei einem weiteren Bewohnen durch den Verkäufer überschaubar.

In keinem Fall aber darf der Kaufpreis oder ein Teil des Kaufpreises gezahlt werden, bevor die Fälligkeitsvoraussetzungen (mit Ausnahme der Räumung) erfüllt sind. Im Normalfall sind Fälligkeitsvoraussetzungen beim Immobilienkauf, dass für den Käufer eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist und die Löschungsunterlagen der Banken und Gläubiger für Grundschulden und sonstige Belastungen vorliegen, die beim Kauf noch im Grundbuch eingetragen sind, vom Käufer aber nicht übernommen werden. Weiterhin muss das Negativattest bzw. die Verzichtserklärung der Gemeinde auf das gesetzliche Vorkaufsrecht vorliegen und teilweise bei dem Kauf einer Eigentumswohnung die Zustimmung des Verwalters. Besondere Zustimmungen und Genehmigungen sind ferner beispielsweise erforderlich und auch Fälligkeitsvoraussetzung für den Kaufpreis, wenn es sich um ein Erbbaurecht handelt, eine Partei minderjährig oder betreut ist oder das Grundstück in einem Sanierungsgebiet liegt.