30.06.2022

Ehevertrag – Betreuungsunterhalt und Altersphasenmodell

Von Notarin Sonja Reiff

In der Familie kümmert sich häufig einer der Ehepartner mehr um die Versorgung der Kinder als der andere. Nicht immer, aber meistens, ist dies nach wie vor die Frau. Sie steckt hierfür oft auch beruflich zurück. Kommt es später zur Scheidung, können ihr wesentliche Nachteile entstehen. Diese werden durch die gesetzlichen Regelungen zur Ehe meist nicht ausreichend ausgeglichen. Mit dem sogenannten Altersphasenmodell können die Ehegatten im Rahmen eines Ehevertrages vorsorgen.

Der gesetzliche Betreuungsunterhalt

Im Falle einer Scheidung können nacheheliche Unterhaltsansprüche eines Ehegatten entstehen. Ein häufiger Fall ist der Betreuungsunterhalt nach § 1570 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Dieser ist nach Scheidung in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes an den Ehepartner zu zahlen, der das gemeinsame Kinder betreut und aus diesem Grund nicht oder nur reduziert arbeitet. Es handelt sich dabei nicht um den Kindesunterhalt, der dem Kind direkt zusteht, sondern um den eigenen Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten.

In den ersten drei Lebensjahren eines Kindes ist der betreuende Ehepartner auch nicht verpflichtet, arbeiten zu gehen. Er kann sich komplett der Kinderbetreuung widmen und Unterhalt vom geschiedenen Partner verlangen.

Über das dritte Lebensjahr des (jüngsten gemeinsamen) Kindes hinaus besteht ein Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils jedoch nur noch in Ausnamefällen, wenn besondere kind- oder elternbedingte Verlängerungsgründe vorliegen (z.B. zumutbare Kinderbetreuungsmöglichkeiten stehen nicht zur Verfügung). Dies wird in einer Einzelfallbetrachtung festgestellt.

In vielen Fällen wird im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben jedoch keine Verlängerung des Betreuungsunterhaltes zustande kommen. Der betreuende Elternteil muss daher wieder seiner Berufstätigkeit im ausreichenden Umfang nachgehen, um sich alleine zu versorgen. Durch die Pause bzw. Reduzierung der Erwerbstätigkeit ist dies nicht immer einfach und oft mit finanziellen Einbußen verbunden.

Individuelle Vereinbarungen und Absicherung im Rahmen eines Ehevertrages treffen

Viele Ehegatten machen vor oder im Laufe ihrer Ehe einen Ehevertrag. Hierin möchten sie bereits gewisse Regelungen für den Fall einer Scheidung treffen, ohne dass eine solche aber bevorsteht. In einem solchen vorsorgenden Ehevertrag können Regelungen zum Güterstand (z.B. Modifizierung der Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennungen), zum Versorgungsausgleich und auch zum nachehelichen Unterhalt getroffen werden.

In der Regel wird ein solcher Ehevertrag bereits zu einem Zeitpunkt geschlossen, in dem die Ehepartner noch gar keine Kinder haben oder aber die Kinderplanung noch nicht vollständig abgeschlossen ist. In vielen Fällen haben die Ehepartner aber auch zu diesem Zeitpunkt bereits geplant, dass ein Ehepartner die Kinderbetreuung hauptsächlich übernimmt und entweder gar nicht oder nur stark reduziert in Teilzeit tätig ist, während der andere Ehepartner in Vollzeit arbeitet.

Mögliche Nachteile durch Kindererziehung und Verzicht auf Berufstätigkeit

Wenn Ehepartner bereits vor der Hochzeit oder zu Beginn ihrer Ehe planen, mehrere Kinder zu haben und einer alleine die Kinderbetreuung übernehmen soll, können sie frühzeitig für später vorsorgen.

Für denjenigen Ehegatten, der sich um die Kinder kümmert, bedeutet dies nämlich, dass er möglicherweise eine recht lange Zeit aus dem Berufsleben ausscheidet. Oftmals ist es nicht so einfach, zu einem späteren Zeitpunkt kurzfristig wieder einzusteigen.

Dieser Ehegatte hat also das Risiko, dass er im Falle der Scheidung dann gar keinen Betreuungsunterhalt oder nur noch für einen kurzen Zeitraum Betreuungsunterhalt erhält, weil das jüngste Kind bereits drei Jahre ist oder bald sein wird und auch keine besonderen Verlängerungsgründe bestehen. Gleichzeitig kann es aber schwierig sein, kurzfristig eine angemessene Tätigkeit zu finden, um sich ausreichend zu versorgen.

Vorausschauende Vorsorge durch das Altersphasenmodell

Um diesen Ehepartner besser abzusichern, kann in einem vorsorgenden Ehevertrag das sogenannte Altersphasenmodell vereinbart werden.

Im Altersphasenmodell wird festgelegt, in welchem Umfang und zu welchem Zeitpunkt der das oder die gemeinsamen Kinder betreuende Ehegatte verpflichtet ist, arbeiten zu gehen.

Es kann in verschiedenen Stufen vereinbart werden, bis zu welchem Alter des jüngsten Kindes der Ehepartner gar nicht verpflichtet ist, zu arbeiten. Dann kann in einer weiteren Stufe bestimmt werden, ab welchem Alter der Ehepartner verpflichtet ist, wieder zu arbeiten und in welchem Wochenstundenumfang. In beliebig vielen weiteren Stufen kann die Pflicht zur Anhebung der Wochenarbeitsstunden verbunden mit einem gewissen Lebensalter des jüngsten Kindes vereinbart werden.

Die Stufen können von den Ehepartnern völlig beliebig und nach ihrer eigenen Planung der Kinderbetreuung festgelegt werden. Hier ein Beispiel:

  • keine Erwerbsobliegenheit bis zur Vollendung des 4. Lebensjahres des jüngsten Kindes
  • bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres des jüngsten Kindes eine Erwerbsobliegenheit von 20 Wochenarbeitsstunden
  • bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des jüngsten Kindes eine Erwerbsobliegenheit von 30 Wochenarbeitsstunden
  • ab der Vollendung des 12. Lebensjahr des jüngsten Kindes die Pflicht zur Aufnahme einer Vollzeittätigkeit

Im Falle der Scheidung hat der betreuende Elternteil somit einen Unterhaltsanspruch auf Betreuungsunterhalt, der über den gesetzlichen Unterhaltsanspruch hinausgeht.

Er hat eine bessere Planungssicherheit, da er genau weiß, wann und in welchem Umfang er auch in der laufenden Ehe arbeiten muss und wie lange er dann Betreuungsunterhalt im Falle der Scheidung erhält.

Hierdurch ist er im Scheidungsfall nicht auf eine Einzelfallentscheidung des Gerichts angewiesen, bei der nie ganz sicher vorhergesehen werden kann, wie sie letztendlich ausfällt.

Gleiches gilt natürlich auch für den unterhaltsverpflichteten Ehepartner. Auch dieser hat im Falle einer Scheidung bessere Planungssicherheit.