21.04.2020
Patientenverfügungen in Zeiten von Corona
Von Notarin Bettina Selzer
Am 17. April 2020 war Notarin Bettina Selzer als Interviewpartner beim Hessischen Rundfunk zu Gast und beantwortete Fragen zu den Auswirkungen von Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht im Falle einer Covid-19-Behandlung.
Hierbei zeigte sich, dass vielfach Unsicherheit darüber besteht, ob Patienten, die eine Patientenverfügung haben, auf lebensverlängernde Maßnahmen im Fall einer Corona-Erkrankung verzichten müssen und ob Patienten ohne Patientenverfügung nun bessergestellt sind.
Die Auslegung von Patientenverfügungen ist schon immer ein Problem gewesen. Alte Patientenverfügungen sind oft sehr kurzgehalten, so dass der tatsächliche Wille nicht immer eindeutig ist und von der Rechtsabteilung des Krankenhauses ausgelegt werden muss. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, seine Patientenverfügung jetzt von einem Notar seiner Wahl überprüfen zu lassen.
Ausführlichere Patientenverfügung mit gewünschten Maßnahmen erstellen
Der Bundesgerichtshof hat sich in den letzten Jahren sehr häufig mit dem Inhalt von Patientenverfügungen auseinandersetzen müssen. Er hat hierbei festgestellt: Die Patientenverfügung sollte nicht nur den Wunsch des Patienten enthalten, dass er auf unnötige lebensverlängernde Maßnahmen verzichten möchte, sondern auch die Maßnahmen aufführen, die der Patient trotz allem haben möchte.
Wer also sichergehen möchte, dass er im Fall einer Corona-Erkrankung eine Beatmung erhält, sollte in seiner Patientenverfügung beispielsweise folgenden Passus aufnehmen:
„Im Fall einer Corona-Erkrankung wünsche ich bis zu 6 Wochen Beatmungstherapie, notfalls auch eine Intubation.“
Registrierung der Patientenverfügung im zentralen Vorsorgeregister
Wenn ein Notar die Patientenverfügung beurkundet, so registriert er die Urkunde anschließend im zentralen Vorsorgeregister der Notarkammer. Wird ein Patient eingeliefert, kann das Krankenhaus nun sofort durch Einblick in das elektronische Vorsorgeregister feststellen, ob eine Patientenverfügung vorliegt und wer bevollmächtigt worden ist. Dabei sind auch die Daten der Angehörigen bzw. Bevollmächtigten hinterlegt und sie können sehr schnell informiert werden.
Ob und wie ein Krankenhaus von Patientenverfügungen, die privat angefertigt worden sind, Kenntnis erlangt, ist fraglich.
Dazu besteht in einigen Krankenhäusern die Regel, dass bei nicht notariell errichteten Patientenvollmachten das klinische Ethik-Komitee eingeschaltet werden muss. Es kann sich dann über Wochen hinziehen, bis die behandelnden Ärzte überhaupt eine Entscheidung treffen dürfen.
Vorsicht bei Vorlagen für Patientenverfügung in Form von Fragebögen
Kritisch sind Patientenverfügungen in Form von Fragebögen, bei denen die Antworten durch Ankreuzen beantwortet werden müssen. Hier besteht beim Klinikpersonal oftmals ein Verständnisproblem. Auch die Angehörigen bzw. Ehegatten können in vielen Fällen nicht aufklären, da sie die Fragen und Antworten selbst nicht verstehen.
Weitere Informationen zum Thema
Radioaufzeichnung Hessischer Rundfunk: „Corona-Update Hessen“ mit Bettina Selzer
Informationen zum zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer
Bundesgesundheitsministerium: Offizielle und tagesaktuelle Informationen zu Corona